flaʊə(r)/ on the Floor and /ˈflaʊɚz/ on the Table: Art on TV
Eva Ehninger
1967 lud William Allan, der damals Artist-in-Residence beim Fernsehsender KQED-TV in San Francisco war, Bruce Nauman zur Teilnahme an einem Projekt für die Fernsehkameras ein. Das daraus resultierende Video Untitled (Flour Arrangements) ist nicht einfach eine Kritik am Fernsehen. Vielmehr werden darin die verschiedenen Weisen verhandelt, wie sich die Auffassung von Kunst im Zeitalter der Massenmedien verändert, da Kunstwerke zwangsläufig durch die Vermittlung populärer Formen der Massenkultur verstanden werden und auch einer Reihe von vermittels kommerzieller Programmierung und Technik etablierten Regeln folgen müssen. Aus dieser Perspektive verdienen nicht wenige von Naumans Videos eine erneute Betrachtung, weil darin modernistische Werte der Kunstproduktion den kommerziellen Interessen der Massenmedien gegenübergestellt werden. In meinem Vortrag werde ich mich auf die scheinbare Herabsetzung der «Hochkunst» durch Naumans Verwendung von Mehl als Material seiner Wahl einerseits und Allens Einsatz von Blumen als dekorativem Mittelpunkt der Aufmerksamkeit während der Talkshow andererseits konzentrieren. In ihrer Zusammenarbeit erörtern die Künstler den Stellenwert und die Funktion von Kunst in der zeitgenössischen Gesellschaft die, um Marshall McLuhans Bezeichnung seiner Zeitgenossen aufzugreifen, von «TV-Kindern» bevölkert ist.
Eva Ehninger ist Professorin für Kunstgeschichte der Moderne an der Humboldt-Universität zu Berlin. Von 2015 bis 2017 hatte sie die Laurenz-Assistenzprofessur für Zeitgenössische Kunst an der Universität Basel inne. Die amerikanische Nachkriegskunst und Postmoderne gehören, neben der Geschichte und Theorie der Fotografie sowie dem Kolonialismus und postkolonialen Theorien, zu ihren Forschungsschwerpunkten. Zu ihren Publikationen in diesem Feld zählt die Monografie Vom Farbfeld zur Land Art. Ortsgebundenheit in der amerikanischen Kunst, 1950‒1970, München: Silke Schreiber, 2013, sowie die Bände Theorie² Potenzial und Potenzierung künstlerischer Theorie (hrsg. mit Magdalena Nieslony), Bern: Peter Lang, 2014, und In Terms of Painting (hrsg. mit Antje Krause-Wahl), Berlin: Revolver, 2016, ebenso wie zahlreiche Artikel in internationalen Fachzeitschriften. Ihre Forschung wurde unterstützt von der Studienstiftung des deutschen Volkes (2002‒2010), der Fulbright Commission (2003‒2004), dem GettyResearch Institute, Los Angeles (2009), dem Schweizerischen Nationalfonds (2013), der Max Weber Stiftung (2015) und der Terra Foundation for American Art, Paris / Chicago (2016). Momentan arbeitet sie an einem Buch zu fotografischen Normen der Repräsentation. Das Konzept für die Publikation Bruce Nauman. A Contemporary entstand in enger Zusammenarbeit mit Eva Ehninger. Nebst der Einführung verfasste sie für diesen 2018 aus Anlass der Ausstellung Bruce Nauman: Disappearing Acts im Schaulager erschienenen wissenschaftlichen Reader den Beitrag «Körper auf kühlen Oberflächen».