Bruce Naumans Faszination für zeitgenössische Musik und sein Interesse an Komponisten wie John Cage, La Monte Young oder Steve Reich begleitete sein künstlerisches Schaffen stets. In seinen Film- und Videoarbeiten setzt er gezielt Geräusche und Klänge ein, strukturiert die Werke in Bild und Ton, die sich mal rhythmisch und repetitiv, mal langsam und still in der Zeit entfalten.
1969 wirkte Nauman an der Vorführung von Steve Reichs Pendulum Music mit. Der US-amerikanische Komponist gilt als Pionier der Minimal Music. In den 1960er-Jahren entdeckte er das Prinzip der Phasenverschiebung, das graduelle Auseinanderdriften gleicher Stimmen, das er fortan zum zentralen kompositorischen Ansatz erhob. Das Überlagern von elektronischen Tonspuren oder herkömmlichen Instrumenten durch allmähliche Tempodifferenz erzeugt ein kraftvolles, pulsierendes Klanggitter.
Pendulum Music wurde im Rahmen der Ausstellung «Anti-Illusion: Procedures/Materials» im Whitney Museum of American Art in New York von Steve Reich, Bruce Nauman, Richard Serra, Michael Snow und James Tenney aufgeführt. Das Stück beginnt, in dem vier über Kopf hängende Mikrofone wie eine Schaukel hochgezogen und gleichzeitig losgelassen werden. Darauf pendeln diese bei jeder Vor- und Rückwärtsbewegung über am Boden platzierte Lautsprecher und erzeugen dadurch einen Rückkopplungseffekt. Die anfangs gleichzeitig einsetzenden Töne driften durch die voneinander leicht abweichenden Schwingungen der Mikrofone zunehmend auseinander. Sobald die Pendel zum Stillstand kommen und somit ein anhaltender Klang aus den Lautsprechern tönt, ist das Stück beendet.