• Schaulager
    • Architektur
      • Schaulager
      • Erweiterung
    • Konzept
      • Lager
    • Sammlung
      • Werke
      • Kunstmuseum Basel
      • Stiftungsrat
    • Forschung & Projekte
      • Méta-Harmonie II
      • Dieter Roth
    • Videos
    • Laurenz-Stiftung
      • Engagement
      • Projekte
  • Ausstellungen
    • Steve McQueen
    • Vorschau
      • 2027
    • Permanente Installationen
    • Rückschau
  • Besuch
    • Agenda
    • Information
    • Führungen
      • Schulen & Hochschulen
      • Schaulagerführung
      • Dieter Roth-Raum
    • Forschungsbesuch
      • Einzelbesuch
      • Bibliothek
  • Agenda
  • Bookstore
  • Videos
  • Medien
  • Suche
  • Kontakt
  • Deutsch
  • English
  • DE
  • EN
  • Videos
  • Medien
  • Schaulager
  • Ausstellungen
  • Besuch
  • Agenda
  • Bookstore
  • Steve McQueen
  • Vorschau
  • Permanente Installationen
  • Rückschau
  1. Home
  2. Ausstellungen
  3. Rückschau
  4. 2018

Rückschau

Rückblick 2018

Bruce Nauman

Disappearing Acts
17. März – 26. August 2018

Das Schaulager widmet einem der wichtigsten Künstler unserer Zeit eine lang erwartete Retrospektive. Die Ausstellung «Bruce Nauman: Disappearing Acts» wurde von der Laurenz-Stiftung, Schaulager Basel und dem Museum of Modern Art, New York, organisiert.

Highlights

UNTITLED, 1965

Die ersten Fiberglasskulpturen entstanden noch während Bruce Naumans Studium an der University of California, Davis. Sie zeugen vom experimentellen und unkonventionellen Umgang des jungen Künstlers mit Gussverfahren. Die Gipsform, die Nauman für diese unbetitelte Arbeit zweimal mit Fiberglas und Polyesterharz ausstrich, nahm er von einem handgeformten Tonmodell ab. Die fragile Materialität und die unbearbeitete Oberfläche kennzeichnen diese so genannte «soft shape»-Skulptur.

LIGHT TRAP FOR HENRY MOORE NO. 1, 1967

Die leuchtenden Umrisse der sitzenden «Lichtgestalt» hat Nauman mit einer Taschenlampe in einen dunklen Raum gezeichnet – eine «Falle» für den berühmten britischen Bildhauer Henry Moore. Beispielhaft spiegelt sich in Light Trap for Henry Moore No. 1 (1967) die Haltung des jungen Künstlers, der weiss, dass er in eine Tradition eingebunden ist, zu der es sich zu verhalten gilt.

Corridor Installation (Nick Wilder Installation), 1970

Mit der begehbaren Corridor Installation (Nick Wilder Installation) (1970) rückt Nauman die Erfahrung der Betrachter ins Zentrum. Die Korridore lösen unterschiedliche Raumempfindungen aus und sind zum Teil mit Videokameras ausgestattet, welche die Besucherinnen filmen und die Live-Bilder direkt auf Monitore übertragen. Partizipation ist hier stets auch verbunden mit Fragen nach Kontrolle und Überwachung – Themen, die bis heute nichts an Brisanz eingebüsst haben.

Model for Trench and Four Buried Passages, 1977

In seiner monumentalen Grösse ist Model for Trench and Four Buried Passages (1977) ein beeindruckendes Beispiel für Naumans Modelle für unterirdisch gedachte Tunnelsysteme und Räume. Als Modell in einem Massstab von 1:2 fordert die Konstruktion in ihrer rohen Beschaffenheit aus Gips und Fiberglas unsere Vorstellungskraft heraus, während sie gleichzeitig im Raum eine starke skulpturale Präsenz entfaltet.

One Hundred Live and Die, 1984

Die grösste Neonarbeit von Bruce Nauman One Hundred Live and Die (1984) im Untergeschoss blinkt einem wie eine riesige Werbetafel schon von weitem entgegen. Insgesamt 100 farbenfrohe Drei-Wort-Sätze schlagen den Bogen vom Leben in den Tod. In den 1980er-Jahren widmen sich zahlreiche Werke Naumans vermehrt Fragen nach den Grundbedingungen menschlichen Daseins.

Green Horses, 1988

Green Horses (1988) ist eine der ersten Mehrkanal-Videoinstallationen von Bruce Nauman. In grün getaucht und vor purpurnem Hintergrund reitet der Künstler hoch zu Ross in Cowboystiefeln und mit breitkrempigem Stetson durch die karge Landschaft New Mexicos. Die Arbeit des Ranchers und Pferdetrainers und jene des Künstlers sind hier untrennbar eins.

Leaping Foxes, 2018

Bereits für frühere Tierskulpturen hat Bruce Nauman Fabrikate aus Schaumstoff verwendet, die gewöhnlich in der Tierpräparation Verwendung finden. In der neusten Arbeit Leaping Foxes (2018) türmen sich die Hirsche, Karibus und Füchse kopfüber wie in einer Akrobatiknummer zu einer imposanten Pyramide. An Drahtseilen befestigt verharrt die wuchtige Formation knapp über dem Boden im Stillstand.

Contrapposto Studies, i through vii, 2015/2016

Erstmals in Europa zu sehen ist Bruce Naumans komplexe HD-Videoinstallation Contrapposto Studies, i through vii (2015/2016). Die eigentümliche Gangart, die der Künstler darin ausführt, basiert auf der antiken Bildhauerpose des Kontrapost. Nauman erfand die Gangart bereits 1968 für das Video Walk with Contrapposto (1968) und greift nun fast fünfzig Jahre später darauf zurück.

Bouncing Two Balls Between the Floor and Ceiling with Changing Rhythms, 1967–1968

Naumans frühe Film- und Videoperformances zählen heute zu den ikonischsten Arbeiten des Künstlers. In den als spielerische Übungen angelegten Studioperformances findet Nauman mit simplen Mitteln zu künstlerischem Ausdruck. In Bouncing Two Balls Between the Floor and Ceiling with Changing Rhythms (1967–1968) erzeugt das Hin- und Herspringen zweier Bälle zwischen Boden und Decke des Ateliers einen eigengesetzlichen Rhythmus.

Mapping the Studio II with color shift, flip, flop, & flip/flop (Fat Chance John Cage), 2001

Das leere Atelier und die Abwesenheit des Künstlers bilden den Ausgangspunkt für Bruce Naumans Schlüsselwerk Mapping the Studio II with color shift, flip, flop, & flip/flop (Fat Chance John Cage) (2001). Mehrere Wochen überwachte Nauman nachts mit einer Infrarotkamera sein eigenes Studio und schuf eine raumgreifende Videoinstallation, in der man sich selbst im Atelier des Künstlers wähnen kann. Immer wieder wird die vermeintliche Stille der Nacht überraschend gebrochen.

Contrapposto Split, 2017

Als Weltpremiere zu entdecken ist in der Ausstellung auch Bruce Naumans jüngste Videoinstallation Contrapposto Split (2017), wo der im Kontrapost schreitende Nauman in 3D zu sehen ist. Der Künstler greift hier auf die Leitmotive zurück, die sein ganze Schaffen prägen: das eigene Studio, der Körper und das Spiel mit der Wahrnehmung.


25 Jahre sind es her, seit das Werk von Bruce Nauman in seiner gesamten medialen Breite präsentiert wurde. Die Ausstellung umfasst Videoarbeiten, Zeichnungen, Druckgrafiken, Fotografien, Skulpturen, Neonarbeiten und raumgreifende Installationen. Neben Schlüsselwerken sind auch weniger bekannte Arbeiten zu sehen, und als Weltpremiere werden die 3D-Videoprojektion Contrapposto Split, die monumentale Skulptur Leaping Foxes sowie zum ersten Mal in Europa die jüngst entstandenen Contrapposto Studies, i through vii präsentiert.

Der 1941 im mittleren Westen der USA geborene und heute in New Mexico lebende und arbeitende Künstler ist aufgrund seines wegweisenden Schaffens eine zentrale Figur der zeitgenössischen Kunst. In seiner Arbeit ergründet er Themen wie Sprache und Körperlichkeit und lotet Machtstrukturen und Regelwerke aus. Mit seiner beharrlichen Befragung ästhetischer und moralischer Wertvorstellungen und Sehgewohnheiten fordert Bruce Nauman unsere Wahrnehmung und Vorstellungskraft stets aufs Neue heraus. «Bruce Nauman: Disappearing Acts» bietet eine Übersicht auf das fünf Jahrzehnte umspannende vielgestaltige Werk dieses schwer fassbaren Künstlers, welches bis heute nichts an Dringlichkeit und Aktualität verloren hat.


Blick in die Ausstellung


Trotz seiner unverkennbaren Handschrift produziert Bruce Nauman immer wieder erstaunlich unterschiedliche und in ihrer Radikalität einzigartige Arbeiten. Sein Werk lässt sich nicht einfach typisieren, dafür ist jede Neonarbeit, jede komplexe Installation, jede Skulptur zu autonom. Dennoch gibt es Themen, die sich wie Leitmotive durch Naumans Schaffen ziehen: das Studio, der Körper, Modelle, Sprache, Ton und Klang.

Naumans Arbeitsweise ist davon geprägt, dass er sich – ähnlich einem Loop – wiederholt auf neue Art und Weise mit grundlegenden Inhalten und Fragestellungen auseinandersetzt, die ihn von Anfang an beschäftigen. «Bruce Nauman: Disappearing Acts» legt eine Fährte durch ein Werk, welches verschiedene Zugänge erlaubt. Von den ersten skulpturalen Arbeiten des experimentierfreudigen Künstlers bis hin zur allerneusten Videoinstallation, die sich hochkomplexer 3D-Bildgebungsverfahren bedient und hier weltweit erstmals zu sehen ist, folgt die Ausstellung einer losen Chronologie, die immer wieder aufgebrochen wird. In der Folge gesellen sich neuere Werke neben ältere, wobei solche Gruppierungen bisher ungesehene Aspekte aufzeigen.

Foto: Jason Schmidt

Bruce Nauman wurde 1941 in Fort Wayne, Indiana, geboren, wuchs in der Nähe von Milwaukee, Wisconsin, auf und lebt seit Ende der 1970er-Jahre in New Mexico. Er studierte Mathematik, Musik und Physik an der University of Wisconsin–Madison, bevor er zur bildenden Kunst wechselte. 1966 schloss er sein Studium an der University of California, Davis, unter anderem bei William Wiley mit einem Master of Fine Arts in Skulptur ab.

Im selben Jahr erfolgte Naumans erste Einzelausstellung in der Nicholas Wilder Gallery, Los Angeles, es folgten 1968 weitere in Galerien in New York und Düsseldorf. Auch international fand Nauman früh Beachtung. Nach einer ersten Teilnahme an der documenta in Kassel (1968) war er in wegweisenden Gruppenausstellungen wie «Anti-Illusion: Procedures / Materials» im Whitney Museum of American Art, New York, oder «When Attitudes Become Form» in der Kunsthalle Bern (beide 1969) vertreten. 1972 bis 1973 richteten das Los Angeles County Museum of Art und das Whitney Museum of American Art in New York eine erste retrospektiv angelegte Museumsausstellung aus.

Neben einer umfangreichen Präsentation des zeichnerischen Œuvres – 1986 vom Museum für Gegenwartskunst in Basel organisiert –, initiierte das Walker Art Center, Minneapolis, 1994 eine umfangreiche Retrospektive des gesamten Werks. Beide wurden in weiteren Museen in den USA und in Europa gezeigt. Es folgten Einzelausstellungen wie 2004 «Raw Materials» in der Tate Modern in London; im selben Jahr wurde der Künstler mit dem Praemium Imperiale für Skulptur der Japan Art Association ausgezeichnet. Naumans Arbeiten waren in zahlreichen internationalen Gruppenausstellungen vertreten und wurden mehrfach an der documenta in Kassel und an der Biennale Venedig gezeigt, wo er 2009 den amerikanischen Pavillon bespielte und nach 1999 zum zweiten Mal mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet wurde. Über zwei Jahrzehnte nach der letzten grossen Retrospektive ermöglicht «Bruce Nauman: Disappearing Acts» im Schaulager, Basel, und im Museum of Modern Art, New York, einen umfangreichen Einblick in das medial breit gefächerte Werk und in sämtliche Schaffensphasen des über 50 Jahre umfassenden Werks von Bruce Nauman.

Naumans erste Einzelausstellung in Europa fand bereits 1968 beim Düsseldorfer Galeristen Konrad Fischer statt. Sie markiert nicht nur den Beginn einer langjährigen Zusammenarbeit, sondern – zusammen mit der Teilnahme des Künstlers an so wichtigen Ausstellungen wie der documenta 4 in Kassel (1968) oder «When Attitudes Become Form» in der Kunsthalle Bern (1969) – auch den Auftakt zu seiner frühen Rezeption in Europa.


In Basel wurden die Tendenzen in der Kunst der späten 1960er-Jahre interessiert verfolgt; Werke der amerikanischen Minimal Art und Konzeptkunst, aber auch Arbeiten von Joseph Beuys, die sich völlig neuer Ausdrucksmittel bedienten, fanden hier ein Publikum und erhitzten zuweilen die Gemüter. Und schon bald wurde man auch hier auf den jungen Amerikaner Bruce Nauman aufmerksam. Bereits in den frühen 1970er-Jahren erwarben das Kunstmuseum unter der Leitung von Franz Meyer und die Emanuel Hoffmann-Stiftung frühe Filme, Skulpturen und Zeichnungen des Künstlers. So gelangten 1973 ein Konvolut von insgesamt 16 Zeichnungen sowie ein Jahr später die ersten Skulpturen in die Sammlung der Emanuel Hoffmann-Stiftung. Die Zeichnungen befinden sich seither als Deposita im Kupferstichkabinett der Öffentlichen Kunstsammlung.

Bruce Nauman beim Aufbau seiner Ausstellung 1986 in der Kunsthalle Basel


Für die Ausstellung «Skulptur im 20. Jahrhundert», die 1980 im Wenkenpark in Riehen bei Basel stattfand, liess Nauman zwei Werke in Gusseisen ausführen, die auf Entwurfszeichnungen von 1977 basieren: Circle und Untitled (Three Crossroads in Circle Form). An der Folgeausstellung, die 1984 im Merian-Park Basel stattfand, beteiligte sich der Künstler mit einer Korridorinstallation. Zwischen 1986 und 1990 waren Bruce Nauman in Basel dann gleich drei Einzelausstellungen gewidmet: 1986 fand unter der Leitung von Dieter Koepplin im damaligen Museum für Gegenwartskunst des Kunstmuseums die erste und umfangreichste Retrospektive zu Naumans Zeichnungen statt. Begleitet von einem Werkverzeichnis der über 500 Zeichnungen wanderte sie an verschiedene Stationen in Europa und in die USA. Gleich im Anschluss eröffnete der damalige Direktor der Kunsthalle, Jean-Christophe Ammann, die Ausstellung «Bruce Nauman: Werke von 1965 bis 1986». Die Skulptur Square, Triangle, Circle (1984) in der Sammlung der Emanuel Hoffmann-Stiftung stammt als Ankauf aus dieser Ausstellung. Am Vorabend der Eröffnung war Nauman mit Good Boy Bad Boy (1985) auch an den legendären «Videowochen im Wenkenpark» vertreten. Deren Organisatoren filmten zudem ein Gespräch zwischen dem belgischen Kurator Chris Dercon und Bruce Nauman, das als Teil unseres Rahmenprogramms gezeigt wird. Das Museum für Gegenwartskunst Basel führte 1990 die Folge von Ausstellungen fort und präsentierte die jüngsten Skulpturen und Installationen des Künstlers; Shadow Puppets and Instructed Mime (1990) in der Sammlung wurde aus dieser Präsentation angekauft. Als Teil des Lörracher Skulpturenwegs wurde 1998 vor dem Burghof in Lörrach unweit von Basel eine Version des Truncated Pyramid Room eingeweiht. Die Entwurfszeichnung dazu befindet sich seit 1985 in der Sammlung des Kunstmuseums Basel.

Dass anlässlich der breit angelegten Retrospektive 2018 zwei Werke von Nauman im Kunstmuseum Basel zu sehen sind, ist Ausdruck des gemeinsamen, langjährigen Engagements der Emanuel Hoffmann-Stiftung und des Kunstmuseums für ein Werk, das über Jahrzehnte nichts an seiner emotionalen Intensität und grundlegenden Dringlichkeit eingebüsst hat. Kein anderer Künstler wurde von der Emanuel Hoffmann-Stiftung seit 1972 so kontinuierlich über mittlerweile drei Generationen hinweg gesammelt: Die ersten Werke gingen bereits unter der Stiftungsgründerin Maja Sacher-Stehlin in die Sammlung ein, Vera Oeri-Hoffmann setzte die Sammlungstätigkeit fort, und seitdem Maja Oeri als Stiftungsratspräsidentin amtet, zeichnet sich der wachsende Bestand an Werken von Nauman noch deutlicher als einer der Schwerpunkte der Sammlung ab. Die Retrospektive ist damit nicht nur Zeugnis eines ausserordentlichen Engagements und ein bewegendes Beispiel für eine heutzutage rar gewordene, enge Beziehung zwischen Künstler und Sammlerin, sondern auch ein Beleg für die früh einsetzende und ununterbrochene Auseinandersetzung mit dem direkten, aber auch anspruchsvollen Werk eines der bedeutendsten Künstlern der Gegenwart.

Bruce Nauman gilt als eine zentrale Figur der zeitgenössischen Kunst. Gerade heute, wo viele etablierte Normen ihre Gültigkeit verloren haben, ist seine konsequente Infragestellung von Werten wie «gut» und «böse» von besonderer Dringlichkeit. In den über 50 Jahren seines künstlerischen Wirkens hat Nauman offengelegt, welch unsichere Grundlage die wechselhaften Erfahrungen von Raum, Zeit, Klang, Bewegung und Sprache bilden, wenn es darum geht, unseren Platz in der Welt zu verstehen.

«Bruce Nauman: Disappearing Acts» bietet die Möglichkeit, Naumans einzigartige Beherrschung eines sich stetig erweiternden medialen Spektrums zu erleben. Dazu gehören Video, Film, Performance, Skulpturen aus vergänglichen und dauerhaften Materialien, Environments in architektonischem Massstab, Fotografie, Zeichnung, Neon- und Soundarbeiten sowie technisch anspruchsvolle Installationen, in die das Publikum förmlich eintaucht. Diese Vielfalt wurde von manchen als Mangel an Kohärenz gedeutet, als Indiz dafür, dass Naumans vermeintlich disparaten Vorgehensweisen kein einheitliches stilistisches oder konzeptuelles Prinzip zugrunde liege.


Bruce Nauman, Make Me Think Me, 1993

Im Lauf der Vorbereitung dieser Ausstellung – fast 25 Jahre nach der Nauman-Retrospektive, die ich 1994 mitorganisiert hatte – stiess ich jedoch zufällig auf logische Übereinstimmungen, die mir bis dahin entgangen waren. Zu meiner Überraschung entdeckte ich ein Muster, das eine in sich leicht widersprüchliche Alternative zum gängigen Narrativ darstellt: Tatsächlich bilden die vielfältigen Erscheinungsweisen des «Verschwindens» einen durchgehenden roten Faden in Naumans Schaffen; sie weckten und fesselten seine emotionale, intellektuelle und formale Aufmerksamkeit von seinen letzten Studienjahren bis heute.

Das Verschwinden als Handlung, Konzept, Wahrnehmungstest, magischer Trick, Arbeitsmethode und Metapher war für Naumans Kunst stets ein nützliches Stichwort von bleibender Gültigkeit. Auch enge Verwandte des Verschwindens – das Abwesende, die Leere und damit einhergehende Gefühle der Nichtexistenz, des Beraubt- oder Ausgeschlossenseins – treten in zahlreichen Formen auf. Sie werden beispielsweise in Leerstellen sichtbar, die der Grösse von Körperteilen entsprechen, im Raum unter einem Stuhl, im Selbst, das gerade um eine Ecke entschwindet, in den nächtlichen Vorgängen im leeren Atelier oder in den geistigen Blockaden, welche die Fähigkeit zu kreativem Schaffen unterminieren. Das Verschwinden ist also ein reales Phänomen und zugleich eine wunderbar weit gefasste Metapher für den Kampf gegen die mit dem kreativen Prozess, aber auch mit unserer Orientierung im Alltagsleben verbundenen Ängste.


Nauman lässt die Dinge für vielfältige, oftmals widersprüchliche Auffassungen offen und stellt so die Bereitschaft des Publikums, die Sicherheit des Gewohnten aufzugeben, wiederholt auf die Probe. Wenn wir uns durch seine Environments bewegen oder vor einer Zeichnung wie Make Me Think Me (1993) stehen, beginnen wir, uns unweigerlich zu fragen, was es eigentlich heisst, aufmerksam zu sein – in der Welt zu sein. Indem Naumans Kunst die Art und Weise, wie Konventionen festgeschrieben werden, infrage stellt, zerstört sie jegliche Gewissheit und fordert uns auf, unsere eigenen Bedeutungen selbst zu erarbeiten, statt den gewohnten Regeln zu folgen. Genau an diesem Punkt, so lehrt uns sein Werk, beginnt die Freiheit.

Kathy Halbreich

Bruce Nauman, Seven Wax Templates of the Left Half of My Body Spread over 12 Feet, 1967


Die Ausstellung wurde von Kathy Halbreich, Laurenz Foundation Curator und Beraterin des Direktors, The Museum of Modern Art, mit Heidi Naef, Chefkuratorin, und Isabel Friedli, Kuratorin, Schaulager Basel, sowie Magnus Schaefer, Assistenzkurator, und Taylor Walsh, Kuratorische Assistentin, Abteilung für Zeichnungen und Druckgrafiken, The Museum of Modern Art, New York, organisiert.


Trotz seiner unverkennbaren Handschrift produziert Bruce Nauman immer wieder erstaunlich unterschiedliche und in ihrer Radikalität einzigartige Arbeiten. Sein Werk lässt sich nicht einfach typisieren, dafür ist jede Neonarbeit, jede komplexe Installation, jede Skulptur zu autonom. Dennoch gibt es Themen, die sich wie Leitmotive durch Naumans Schaffen ziehen: das Studio, der Körper, Modelle, Sprache, Ton und Klang etwa. Naumans Arbeitsweise ist davon geprägt, dass er sich – ähnlich einem Loop – wiederholt auf neue Art und Weise mit grundlegenden Inhalten und Fragestellungen auseinandersetzt, die ihn von Anfang an beschäftigen. «Bruce Nauman: Disappearing Acts» legt eine Fährte durch ein Werk, welches verschiedene Zugänge erlaubt. Von den ersten skulpturalen Arbeiten des experimentierfreudigen Künstlers bis hin zur allerneusten Videoinstallation, die sich hochkomplexer 3D-Bildgebungsverfahren bedient und hier weltweit erstmals zu sehen ist, folgt die Ausstellung einer losen Chronologie, die immer wieder aufgebrochen wird. In der Folge gesellen sich neuere Werke neben ältere, wobei solche Gruppierungen bisher ungesehene Aspekte aufzeigen.


Den Auftakt zur Ausstellung macht Venice Fountains (2007). Das an ein Readymade erinnernde Werk besteht aus zwei einfachen Waschbecken, wie man sie in jeder Werkstatt antreffen kann. Durch transparente Schläuche fliesst Wasser in ständigem Kreislauf durch verkehrt herum platzierte Masken: Abgüsse des Gesichts des Künstlers aus Wachs und Gips. Die krude Skulptur steht gewissermassen als Porträt des abwesenden Künstlers am Eingang zu einer Präsentation, die dem Motiv des Verschwindens und des Entzugs nachgeht. Mit den Brunnen greift Nauman auf einen Topos zurück, der schon in den frühesten Werken des jungen Künstlers auftaucht. In der Befragung des eigenen Tuns und der Reflexion darüber, was einen «wahren» Künstler ausmacht, wird der Springbrunnen für Nauman zum Sinnbild, anhand dessen er tradierte Vorstellungen vom Künstler als Genie und Quell schöpferischer Kreativität befragt und ironisch aufbricht – etwa schon in der buchstäblichen Verkörperung als wasserspeiende Brunnenfigur in Myself as a Marble Fountain (1967).

Bruce Nauman, Three Heads Fountain (Juliet, Andrew, Rinde), 2005 (Detail)

Die Ausstellung ermöglicht einen Überblick über das gesamte mediale Schaffen des Künstlers. Akribisch auf die Räume des Schaulagers zugeschnitten, bietet die Ausstellung, die mit zwei im Kunstmuseum Basel platzierten Werken noch eine Erweiterung erfährt, den Besucherinnen und Besuchern eine unverwechselbare Erfahrung.

Heidi Naef, Isabel Friedli


Begleitprogramm zur Ausstellung

Downloads

  • Ausstellungsflyer(pdf, 1.88 MB)
  • Ausstellungsheft(pdf, 5.88 MB)

Katalog

Der Katalog «Bruce Nauman: Disappearing Acts» entstand zur gleichnamigen in Zusammenarbeit mit dem Museum of Modern Art, New York, realisierten Retrospektive des Künstlers im Schaulager. Das reich illustrierte Buch bietet einen umfassenden Überblick über Naumans Karriere, die eine mehr als fünfzigjährige Arbeit in verschiedensten Medien umfasst. Naumans Werke sind sehr direkt und konfrontativ und haben oft den Charakter einfacher Versuchsanordnungen oder kritischer Selbstbefragungen. Sei es mittels Zeichnung, Druckgrafik, Video, Skulptur, Klang- oder Spracharbeit, Performance oder raumgreifender Installation – immer erforscht der Künstler grundlegende Fragen in Bezug auf die phänomenologische und psychologische Erfahrung von Körper, Zeit, Raum, Bewegung und Architektur. Eine grosse Auswahl an Autorinnen und Autoren richtet ihre Aufmerksamkeit auf Serien und Themen, die in der Rezeption dieses Werks bisher vernachlässigt wurden, wie etwa Naumans Interesse an architektonischen Modellen oder den Stellenwert der Farbe. Neben einer ausführlichen Einleitung zum Konzept der Ausstellung konzentrieren sich 17 kürzere Essays auf bestimmte wiederkehrende Ideen oder Medien. Eine bebilderte Ausstellungsgeschichte, die sich durch zahlreiche seltene oder bisher unveröffentlichte Fotografien und Archivfunde auszeichnet, rundet den Band ab.


Bruce Nauman: Disappearing Acts
Herausgegeben von Kathy Halbreich mit Isabel Friedli, Heidi Naef, Magnus Schaefer und Taylor Walsh

Mit einem Vorwort von Maja Oeri und Glenn Lowry, sowie Essays von Kathy Halbreich, Magnus Schaefer, Taylor Walsh, Thomas Beard, Briony Fer, Nicolás Guagnini, Rachel Harrison, Ute Holl, Suzanne Hudson, Julia Keller, Liz Kotz, Ralph Lemon, Glenn Ligon, Catherine Lord, Roxana Marcoci, Felicity Scott, Martina Venanzoni und Jeffrey Weiss

375 farbige und schwarz-weisse Abbildungen, 356 Seiten, 24 × 27,5 cm, Hardcover
Die Publikation ist auf Deutsch und Englisch erhältlich
Erste Auflage 2018


Bookshop


Publikation

Die Publikation «Bruce Nauman: A Contemporary» stellt die Frage nach Naumans Zeitgenossenschaft und verortet dessen Werk im Kontext künstlerischer Positionen und kunsttheoretischer Diskurse der letzten Jahrzehnte. Sechs fundierte Beiträge von namhaften Autorinnen und Autoren beleuchten Naumans Werk etwa in Hinblick auf den ihm inhärenten Humor oder mit Bezug auf die Praxis der endlosen Wiederholung. Untersucht werden in diesem Textband zum Beispiel das Spiegelbild und die Rückenfigur wie auch Fragen nach zeitgenössischer Subjektkonstitution, digitaler Bildproduktion und Kybernetik. Theorien der Arbeit und der Globalisierung werden in Bezug auf Naumans Werk diskutiert und Verbindungen von Naumans Werken zu Modellen des Behaviorismus, der Software- und Computertheorie oder der Topologie erörtert. Naumans Œuvre wird dabei mit so unterschiedlichen künstlerischen Positionen wie denjenigen von Ed Atkins, Erwin Wurm, Francis Alÿs, Fischli / Weiss, Dara Birnbaum, Yvonne Rainer oder René Magritte in Bezug gesetzt. Der Textband tritt so der Tendenz entgegen, den Künstler als eine herausragende Einzelfigur der Postmoderne zu inszenieren, und eröffnet mannigfache Bezüge zu Werken und Theorien aus Naumans Zeithorizont.



Bruce Nauman: A Contemporary
Herausgegeben von der Laurenz-Stiftung, Schaulager Basel, in Zusammenarbeit mit Eva Ehninger

Mit einem Vorwort von Maja Oeri, einer Einleitung von Eva Ehninger und Essays von Eric C.H. de Bruyn, Heather Diack, Eva Ehninger, Sebastian Egenhofer, Stefan Neuner / Wolfram Pichler und Gloria Sutton

109 Abbildungen, 262 Seiten, 13 × 19,5 cm, Softcover
Die Publikation ist auf Deutsch und Englisch erhältlich
Erste Ausgabe 2018


Bookshop



Bild- und Fotonachweis

Alle Urheberrechte bleiben vorbehalten. Sämtliche Reproduktionen sowie jegliche andere Nutzungen ohne Genehmigung durch die ProLitteris – mit Ausnahme des individuellen und privaten Abrufens der Werke – sind verboten. Alle Werke: © Bruce Nauman / 2018, ProLitteris, Zurich

  • Über uns
  • Öffnungszeiten
  • Anfahrt
  • Kontakt
  • Laurenz-Stiftung
  • Konzept
  • Architektur
  • Forschung
  • Forschungsanfragen
  • Forschungsbesuch
  • Reproanfragen
  • Bibliothek
  • Medien
  • Aktuell
  • Schaulager
  • Archiv
  • Aktuell
  • Dieter Roth
  • Programm
  • Archiv
  • Ausstellungsarchiv
  • Videoarchiv
  • Bookstore
  • Online bestellen
  • Newsletter
  • Anmelden
Schaulager, Ruchfeldstrasse 19, 4142 Münchenstein
T +41 61 335 32 32, F +41 61 335 32 30, info@schaulager.org
  • Impressum
  • AGB
  • Sitemap
  • Suche
  • Datenschutzerklärung
© 2025 Laurenz-Stiftung, Schaulager. All rights reserved.