Gegen 200 Werke aus dem Kunstmuseum Basel, zu denen sich noch weitere aus der Emanuel Hoffmann-Stiftung und aus Privatbesitz gesellen, haben auf Zeit ihre gewohnte Umgebung verlassen und sich im Schaulager eingefunden. Ein grosser Fundus an Bildern, von denen jedes um seiner selbst Willen ausgewählt worden ist – handverlesen, explizit erwünscht, für besonders schön oder besonders attraktiv oder besonders geheimnisvoll befunden.
Entlassen aus dem musealen Ordnungssystem können die Bilder im Schaulager in einem anderen Licht gesehen werden. Ein Teil von ihnen ist im Zustand des noch ungeschliffenen Rohmaterials, lediglich grob sortiert, für die Ausstellung bewahrt worden. Ausgebreitet an einer monumentalen Wand hängen die Bilder neben-, unter- und übereinander – als verlockender Schatz für die Einbildungskraft. Diese Wand bildet den Rahmen für die Innenräume der Ausstellung.
In den Innenräumen tritt der andere, grössere Teil der zugewanderten Werke als zusammenhängende Installation auf. Der Zusammenhang ist nicht nach dem Vorbild einer klassischen Museumshängung hergestellt. Stattdessen ist eine andere, neue Erzählung oder besser: ein Essay aus Bildern entstanden. Er hat sich Bild für Bild entwickelt über vielfältige und unerwartete Beziehungen und zahlreiche Dialoge, die zwischen den Werken in Gang gekommen sind, bis schliesslich der Essay «Holbein bis Tillmans» seine Form gefunden hat.
Am Eingang der Ausstellung hängt der monumentale Leuchtkasten Allegory of Folly des kanadischen Künstlers Rodney Graham. Auf einem mechanischen Pferd, das ehemals Jockeys zum Trainieren benutzt haben, sitzt ein Mann, der Künstler selbst, altertümlich gekleidet in einem Mantel mit Pelzbesatz. Er sitzt verkehrt auf dem Pferd und ist in die Lektüre eines dicken Buches vertieft. Das Bild spielt auf ein Porträt von Hans Holbein d.J. an, das Erasmus von Rotterdam, den Verfasser des berühmten Traktates «Lob der Torheit», als Halbfigur im Profil darstellt. Allegory of Folly ist so etwas wie ein Wegweiser für die Ausstellung. Die Gegenüberstellung eines Werkes aus dem 16. Jahrhundert und einer grossformatigen Schwarzweissfotografie von 2005 zeigt beispielhaft, dass alt nicht unbedingt vergangen bedeutet, sondern dass ein altes Bild, mit heutigen Augen gesehen, plötzlich wieder aktuell werden kann. Die Figur des verkehrt auf dem Pferd sitzenden Mannes führt auch vor, dass zum Blick nach vorn der Blick zurück gehört, dass das, was kommt, mit dem, was war, in Zusammenhang steht. Und mittendrin stehen wir, in den Moment vertieft und von der Gegenwart absorbiert, ganz wie der Lesende es vorführt.