Wie von Geisterhand sind die Teller und Schüsseln angetrieben. Auf einem Klapptisch rotieren sie in einem sonst leeren Raum kontinuierlich vor sich hin. Täuschend echt hat Thomas Demand mit Papier und Karton die Requisiten nachgeformt, die aus Assiettes tournantes (1896) überliefert sind, einem der frühesten Werke der Filmpioniere Lumière. In nur 44 Sekunden folgte das Publikum dem damals gefeierten Jongleur und Trickkünstler Félicien Trewey, wie er hinter genau diesem Tisch genau diese Teller und Schüsseln von Hand in Rotation versetzte.
Seit den ersten Momenten der Filmkultur war der Drang, bewegte Wirklichkeit zu dokumentieren, von faszinierenden Techniken wie Überblendung, Zeitraffer, Zeitlupe, Split-Screen und Stop-Motion begleitet. Thomas Demand verfolgt in Trick das Herstellen von Illusion auf mehreren Ebenen – die Arbeit selbst kommt einer Trickkiste gleich. Ein in einem Technikraum aufgestellter Projektor wirft in einem Filmformat (35mm Zelluloidfilm), das bis zum Aufkommen der digitalen Wiedergabe für Kinoproduktionen benutzt wurde, ein Bewegtbild an die Wand. Dieses geht seinerseits auf ein Schaustück zurück, das die Brüder Lumière vor über 120 Jahren auf einem 17 Meter langen Streifen aus hochentzündlichem Nitratfilm festgehalten hatten. Unverwüstlich wirkt das mit Hilfe der Stop-Motion-Technik in Bewegung versetzte Papiergeschirr im Vergleich. Die Täuschung gerät zur Verführung. Denn das Faszinosum der Projektion und die so körperlose und doch reale Illusion ist so schön und so alt wie das Bildermachen selbst.
Thomas Demand (*1964 München, Deutschland) stellt mit analogem Werkzeug Animationsfilme und Fotografien her. Die Vorlagen, u.a. ausgewählte Tatort- und Pressefotografien, übersetzt er in lebensgrosse Modelle aus Papier und Karton, um sie als Fotografie oder Film im kollektiven Gedächtnis zu verankern. Seine Verbindung von Skulptur und Fotografie folgt strengen konzeptuellen Kriterien, ist medienreflektiert und illusionistisch. Thomas Demand lebt und arbeitet in Berlin und Los Angeles.