Einen Wolkenkratzer, mehrere Sakralbauten, zwei Einfamilienhaussiedlungen und eine Trümmerlandschaft fertigte der Künstler Jean-Frédéric Schnyder aus gebrauchten Bananenschachteln. Dabei beherzigte er das ökonomische Prinzip, kein Material zu verschwenden. Zuerst entstand das Hochhaus. Die Grifflöcher der Schachteln dienten als Raster für die Fenster. Aus dem übrig gebliebenen Material gestaltete er die Kirchen, aus deren Resten die säuberlich aufgereihten Einfamilienhäuschen und aus dem verbliebenen Karton schliesslich die Ruinenstadt. Die Kartonskulpturen sind weder Modelle noch exakte Nachbildungen. Schnyder stellt allgemein bekannte Bautypen vor, mit denen er – durchaus ironisch konnotierte – Assoziationen weckt an Ideale wie Rentabilität, Spiritualität, Individualität oder Nachhaltigkeit. Die Titel, DO NOT DROP OR TURN UPSIDE DOWN, HANDLE WITH CARE, REUSE OF THIS BOX IS PROHIBITED – BY LAW und KEEP AT 58°F OR 14°C, sind der üblichen Beschriftung von Bananenschachteln entlehnt. Diese waren in der Schweiz lange als private Umzugsschachteln beliebt. Transportkisten, wie der Kunstbereich sie verwendet, gehören zu den aufwendigsten überhaupt in der internationalen Logistik. Insofern ist das billige, von Schnyder verwendete Ausgangsmaterial ein witziger Umkehrschluss: Die Box ist als Werk auferstanden.
Jean-Frédéric Schnyder (*1945 Basel, Schweiz) hat sich früh und kritisch als Autodidakt mit dem Wertekanon in der Kunst und deren Materialien auseinandergesetzt. Neben Malerei, die er als subversiven Kommentar zur grossen Tradition dieses Mediums versteht, schafft er seit den 1970er-Jahren skulpturale Werke aus gängigen wie aus kunstfremden Materialien, oft in thematisch zusammenhängenden Serien nach selbstgesetzten Regeln. Jean-Frédéric Schnyder lebt und arbeitet in Zug.