Dem schaufensterartigen Arrangement diverser Tierskulpturen ist Gina Fischli im Natural History Museum in New York begegnet: Grosse, in den 1930er-Jahren eingerichtete Dioramen stellen ausgestopfte Wildtiere in ihrem natürlichen Habitat vor. Entstanden sind Hamster, Hund und Co. in ihrem Atelier in London, als sich die Künstlerin, vom Lockdown überrascht, über Wochen selbst wie in einem Diorama vorkam, isoliert von der Aussenwelt. Die Tiere, aus Gips geformt und überzogen mit Stoffresten von Kleidern, die ihr Bekannte überlassen hatten, schuf sie sich stellvertretend für ein menschliches Gegenüber. Sie speichern persönliches Erleben und Erinnerungen. So verweist Dreamy Dog auf ihren Hund. CHO Cell Line (The Hamster That Keeps On Going) erinnert an den Verlust eines geliebten Menschen; «CHO» steht für «Chinese Hamster Ovary» und verweist auf die Zellen eines sich unendlich fortpflanzenden Gewebes, das der modernen Krebstherapie als Grundlage dient. Es geht auf eine Zellentnahme bei einem chinesischen Zwerghamster von 1958 zurück, die sich seither in vitro in vielen Labors weltweit weiterentwickelt.
Gina Fischli (*1989 Zürich, Schweiz) verarbeitet Klischees aus dem häuslichen Umfeld zu humorvollen Kunstobjekten; deren unmittelbare Verwandtschaft mit Konsumgütern, ihre Nähe zum Kitsch und ihre Anlehnung an eine Gegenständlichkeit aus der Populärkultur können als ironisch gebrochene Kritik an der Kunst und ihrem Markt verstanden werden: Verführung ist ein Faktor, um Begehrlichkeiten wachzuhalten, und gepaart mit Nostalgie kreuzt sich Konsumkritik mit einer ebenso unheimlichen wie idealtypischen Vision von Kindheit. Gina Fischli lebt und arbeitet in Zürich.