Robert Gobers Schaffen hat seit dem Eingang seiner ersten Werke in die Sammlung 1995 nichts von seiner aufreibenden Bild- und Erzählkraft verloren – das machen auch die jüngsten Ankäufe der Emanuel Hoffmann-Stiftung klar. Untitled (2020–2021) besteht aus einem Fenster, das wie eine Bühne oder ein kleines Diorama funktioniert. Dabei bleibt unklar, was es zu sehen verspricht und auch, ob seine Öffnung einen Blick ins Freie oder ins Innere eines Raums gewährt. Und was hier anmutet wie eine Assemblage aus Fundstücken, ist in Wahrheit eine minutiös von Hand nachgebildete Gegenständlichkeit: Der Baumstamm wurde mit Epoxidkitt, gegossenem Gipspolymer, Acrylfarbe und Wildschweinhaar handgefertigt. Der scheinbar weich fallende Vorhang besteht aus einem in Gips erhärteten Tuch; die Holzleiste des Fensters samt Griff ist aus Holz und Modelliermasse, deren Anstrich in der Nachbearbeitung ein verwittertes Aussehen angenommen hat.
Untitled zeigt einmal mehr Gobers konzentriertes und lustvolles Spiel, das seine Werke zwischen Erkennen und Verbergen, Alltäglichem und Geheimnisvollem in der Schwebe hält. Die Arbeit gehört zu einer neuen Werkgruppe des Künst-lers aus denMonaten, in denen die Covid-19-Pandemie auch New York in die Isolation bannte. Der Kontakt zur Aussenwelt blieb begrenzt und ausschnitthaft wie die Sicht aus dem Fenster.
Robert Gober (*1954 Wallingford, Connecticut, USA) rührt seit den 1970er-Jahren mit seinen Werken an gesellschaftlich empfindlichen Themen wie Sexualität, Religion und Macht. Seine Kunst des Isolierens, Imitierens und Inszenierens gibt selbst alltäglichsten Gegenständen – etwa einem Waschbecken oder einem Hundekörbchen – mehrere, oft abgründige Bedeutungsebenen mit. Die Essenz seiner Arbeit geht immer aus dem Akt derHerstellung hervor. Robert Gober lebt und arbeitet in New York.