Setting a Good Example: Bruce Nauman in the Era of Misconceptualism
Robert Storr
Bruce Nauman gilt nicht nur aufgrund der formalen Innovation und ästhetischen Feinheit seines vielgestaltigen, facettenreichen und polyvalenten Werks, sondern auch wegen der Ethik, die seine Auffassung von einem «wahren Künstler» begründet, als herausragender Künstler seiner Zeit. Vor dem Hintergrund des grassierenden Opportunismus, der Überproduktion und des unsorgfältigen Nachdenkens auf Seiten vieler angeblich kritischer Kunstschaffender, des reichlichen und verblüffenden Hokuspokus, der von vermeintlich strengen Kommentatoren produziert wird, sowie der weit verbreiteten Verwirrung, die durch diese beiden Träger des zeitgenössischen «Diskurses» kollektiv gestiftet wird soll dieser Vortrag die wesentlichen Bestimmungsgrössen für Naumans Entschlossenheit, sich für die Grundlagen der Kunst, so wie er sie von Anfang an verstanden hatte, stark zu machen und dafür einzustehen, in den Blick nehmen. Naumans Methode verbindet die Knappheit, Offenheit und die aus der Mehrdeutigkeit gezogene Klarheit seiner Aussagen mit der Effizienz und Wirksamkeit seiner Handschrift. Kurzum, indem Nauman «einen guten Eckpfosten setzt» [«Setting a Good Corner», Titel eines Werks], versucht er, mit gutem Beispiel voranzugehen.
Robert Storr ist Künstler, Kritiker und Kurator. Von 2000 bis 2012 war er zunächst Kurator, dann Senior Curator für Malerei und Skulptur im Museum of Modern Art (MoMA), New York. Von 2002 bis 2006 war er Rosalie Solow Professor für Kunstgeschichte der Moderne am Institut der New York University. Zwischen 2006 und 2016 war er Dekan der Yale University School of Art, wo er zur Zeit eine Lehrtätigkeit als Professor für Malerei und Druckgrafik innehat. Storr war kurzzeitig beratender Kurator für moderne und zeitgenössische Kunst im Philadelphia Museum of Art und beriet die William T. Kemper Foundation, welche Werke von Jess, El Anatsui, Stanley Whitney, Richard Tuttle, Dorothea Tanning, Louise Bourgeois und anderen für das Nelson-Atkins Museum in Kansas City erwarb. Als erster amerikanischer Kurator wurde er zum künstlerischen Leiter der Biennale Venedig (2007) ernannt und hat auch Ausstellungen in Australien, Brasilien, England, Japan und Spanien sowie in den USA organisiert. Am MoMA zeichnete er sich verantwortlich für die Robert Ryman, Chuck Close, Tony Smith, Gerhard Richter, Max Beckmann und Elizabeth Murray gewidmeten Retrospektiven. Zu seinen zahlreichen thematischen Ausstellungen am MoMA zählt Dislocations von 1991– eine grosse Überblicksausstellung zur Installationskunst mit neuen Arbeiten von Louise Bourgeois, Chris Burden, Sophie Calle, David Hammons, Ilya Kabakov, Bruce Nauman und Adrian Piper. Er ist Autor zahlreicher Bücher und Kataloge, allen voran die preisgekrönte Monografie Intimate Geometries: The Work and Life of Louise Bourgeois (2016), und veröffentlichte Aufsätze in Art in America, Artforum, Artpress, Corriere della Sera, Frieze, Parkett und der Online-Ausgabe der New York Review of Books. 1994 schrieb er einen Beitrag für den Ausstellungskatalog und Catalogue Raisonné Bruce Nauman, der von Joan Simon anlässlich der Retrospektive des Künstlers im Walker Art Center, Minneapolis herausgegeben wurde, und präsentierte diese Ausstellung 1995 im MoMA. Anlässlich der 24. Biennale von São Paulo zeigte er 1998 einen konzisen Überblick über das Schaffen des Künstlers und hat seither bei zahlreichen Gelegenheiten über den Künstler geschrieben.